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7. Februar 2017
„Der Tag, an dem Jean zu trinken anfing.“
TfN dreht in „Funny Money“ fleißig an der Spirale des Wahnsinns
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Es ist eine Plattitüde, aber dennoch wahr. Man muss schon verdammt gut sein, um eine überdrehte Komödie davor zu bewahren, in Klamauk zu enden. Mit „Funny Money“ beweist das Theater für Niedersachsen, dass es genau das kann. In der Farce von Ray Cooney schimmern immer wieder Realität und echte Typen durch.
Henry Perkins scheint ein wahrer Glückspilz zu sein. An seinem Geburtstag verwechselt der Buchhalter auf dem Heimweg in der U-Bahn seinen Aktenkoffer mit dem eines Unbekannten. Im Pub trinkt er sich nicht nur Mut an sondern überprüft auch den Inhalt des Koffers: 2,5 Millionen Pfund, wohl zweifelhafter Herkunft.
Er fasst einen wichtigen Entschluss: Geburtstagsessen absagen, Frau einpacken, ab in den Süden und ein neues Leben beginnen. Doch er hat die Rechnung ohne seine Frau, die Freunde, zwei korrupte Polizisten und einen überdrehten Taxifahrer gemacht.
Ray Cooney bezeichnet seine Stücke gelegentlich als Farce. Ganz normale Menschen geraten in Situationen, die sie nicht bewältigen können. Die ist von Anfang an klar und deswegen sind Cooneys Werke auf eine Art eigentlich Tragödien, bei denen man sehr viel lachen kann, lachen muss. Die Schraube des Wahnsinns dreht sich von Minute zu Minute schneller und das Dickicht der Verstrickungen wird dichter. Immer mehr Personen kommen ins Spiel und die Kommunikation findet nur noch knapp vor der Grenze zum Schreien statt.
Es reicht ein Blick und man ist mittendrin in der Geschichte, mittendrin in den Suburbs, in den Schlafstätten der Mittelschicht. Das Bühnenbild zeigt ein Eigenheim, dass kaum britischer sein könnte. Kräftige Farben an den Wänden, eingerahmt in weiß, ein Kamin mit künstlichem Feuer und eine Ausstattung irgendwo zwischen Swinging Sixties und der Jetztzeit. Andrea Jensen hat hier sehr gute Arbeit geleistet.
Wenige Augenblicke reichen, um zu verstehen, welche Ordnung hier herrscht. Jean Perkins (Simone Mende) bereitet das Heim für die Wiederkehr des Herren (Gotthard Hauschild) vor. Als sie zum wiederholten Mal die Kerzenständer auf dem Kaminsims zurechtrückt, müssen einige Zuschauerinnen bekennen, dass sie ähnliche Verhaltensweisen an den Tag legen. Vor lauter emsigen Treiben bekommt sie gar nicht mit, dass ihr Gatte nun doch erschienen ist.
Ein Blick auf Henry reicht, um zu erkennen, dass die Ordnung durcheinander geraten ist. Die Mimik, die Gotthard Hauschild aufgelegt hat, changiert zwischen kleinkindlicher Freude und drohenden Wahnsinn. Von Anfang an legt er ein enormes Tempo vor und wird bis zum furiosen Finale nicht mehr müde, den Eindruck zu vermitteln, als sei er der Herr der verzwickten Lage. Alle zungenbrecherischen Wortkaskaden durchkreuzt er ohne Schiffbruch und er besticht mit der glasklaren Logik des wahngetrübten Hirns.
Also kann es losgehen mit dem Tür aufreißen, hektisch auftreten und herumbrüllen, hektisch abgehen und die Tür wieder zuknallen. Egal wie eingeschränkt das Handlungsmuster ist, unter der Regie von Karl-Heinz Ahlers wird es zum großen Spaß.
Da die Handlung vorhersehbar ist, ist hier das Ensemble besonders gefordert, damit die Komödie nicht in den Klamauk abdriftet. Das gibt den Darstellern die Chance, das ganz große Besteck auszupacken. In der Inszenierung von Karl-Heinz Ahlers funktioniert dieses wunderbar. Er kann auf zwei wunderbare Hauptdarsteller bauen.
Denn Simone Mende steht ihrem Partner in nichts nach. Die Überforderung der Ehefrau, die aus ihrer gesicherten Existenz herausgerissen werden soll, vermittelt sie eindrucksvoll mit Stimme und Mimik. Da wundert es niemanden, dass Jean an diesem
Tag mit dem Trinken anfängt.
Zum Abschluss dieses Abends in Clausthal-Zellerfeld bekommen beide den Zuschauerpreis 2017 des TfN überreicht. Spätestens mit dieser Leistung haben beide die Auszeichnung bestätigt.
Aber auch in den anderen Rollen ist diese Komödie bestens besetzt. Die Überraschung ist Moritz Nikolaus Koch. Ansonsten auf den jugendlichen Stürmer und Dränger abonniert, glänzt er hier in der Rolle des schmier gen und korrupten Sergeant Davenport. Dennis Habermehl ist Henrys Freund Vic Johnson und er zeigt eine wunderbare Verwandlung vom Großmaul zum Angsthasen. Am Ende möchte man den anfänglichen Unsympathen einfach nur in den Arm nehmen. Genauso überzeugend ist die Wandlung seiner Gattin Betty. Michaela Allendorf zeigt eine Frau, die die Chance nutzen möchte, aus dem Allerlei der Vorstadt auszubrechen.
Also, wie gesagt, eine Komödie davor zu bewahren in den Klamauk abzugleiten und zwischen all den Schenkelklopfern und der Wortakrobatik noch echte Typen zu zeichnen, das ist eine hohe Kunst. Das TfN beherrscht sie.